Chaz Davies vor dem Start zum Rennen in Aragon 2019 von uns fotografiert. Der Waliser hatte bis zu diesem Zeitpunkt noch keinen einzigen Podestplatz zu verzeichnen, während sein Teamkollege Alvaro Bautista bereits 6 Siege auf dem Konto hatte.

Ein Rück- und Ausblick zur Nr. 7 – Chaz Davies

Bei kaum einem Fahrer in der Superbike Weltmeisterschaft lagen Licht und Schatten in den letzten beiden Jahren derart nahe beisammen. Chaz Davies ist einer der vielleicht bedauernswertesten Piloten in der gesamten Geschichte der WorldSBK. Wir behaupten dies insbesondere, weil wir uns mit der Geschichte der seriennahen WM sehr intensiv auseinandersetz(t)en. Mehr dazu siehe auch in unserer History und der aktuellen Serie über die seit 1988 ausgetragenen Weltmeisterschaft. Der Beleg für unsere Behauptung ist ganz einfach: Ohne einen gewissen Jonathan Rea, seines Zeichens 6-facher Weltmeister, wäre der Ducati Star seinerseits bereits mehrfacher Champion. In erster Linie beleuchten wir in diesem Artikel nun dessen vergangene Saison 2020 und werfen einen Blick in die Zukunft.

Chaz Davies (links) und Alvaro Bautista (beide Aruba.it Ducati) von uns nach dem Superpole Race in der Curva Tosa von Imola 2019 fotografiert. Gewonnen hatte auf der Fahrerstrecke mit Jonathan Rea ein anderer, aber Davies hatte soeben zum ersten Mal seinen Teamkollegen geschlagen.

Davies vor dem zweiten Jahr auf der V4-Ducati

Jahrelang hatte Chaz Davies bis 2018 den Ducati Verantwortlichen in den Ohren gelegen, er brauche eine schlagkräftige Waffe. Als er diese mit der MotoGP Replica Panigale V4R jedoch erhielt, bekam er gleichzeitig einen neuen Teamkollegen. Und ausgerechnet dieser kleine Spanier namens Bautista fuhr in den ersten 11 Rennen alles in Grund und Boden, bevor Jonathan Rea ihm den Meister zeigte. Nach einer schwierigen ersten Saison 2019 hoffte der aus Wales stammende Engländer für das 2. Jahr auf eine deutliche Steigerung. Überraschend hatte Bautista zu HRC Honda gewechselt und mit Scott Redding kam der BSB-Champion des Vorjahres auf Ducati als sein neuer Teamkollege zur Ducati-Werksmannschaft. Dieser war nicht nur ein völlig anderer Typ als er, sondern zum Leidwesen von Chaz auch noch sauschnell.

An der Paddock Show in Phillip Island von uns festgehalten: Spaßvogel Scott Redding macht sich neben Jonathan Rea sitzend über Maximilian Scheib, rechts im Bild lustig. Der Chilene hatte nach wortreichen Ausführungen sämtlicher englischstämmigen Kollegen vor ihm soeben betont, er werde mangels guten Sprachkenntnissen wohl deutlich weniger zu sagen haben.

Zum zweiten Mal nur der „Schattenmann“

Es war zu befürchten, dass Davies keine leichte Aufgabe hat, aber zumindest war er gegenüber seinem Erz-Konkurrenten Rea maschinell klar im Vorteil. Doch der Saisonbeginn war fast eine Kopie des Vorjahres. Während Teamkollege Redding von Beginn an um den Titel mitfuhr, holte Chaz erst im sechsten Rennen des Jahres im 2. Lauf von Jerez sein erstes Podium. In Portimão schwächelte Scottie, aber Davies war noch schlechter als sein Ducati-Teamkollege. Als wesentlich schlimmer sollte sich später aber erweisen, dass auch Markenkollege Michael Ruben Rinaldi besser war als Chaz.

Von uns beim Saisonauftakt im Honda Corner (Kurve 4) beim Superpole Race in Phillip Island festgehalten: Die Verfolgergruppe mit Michael Ruben Rinaldi Rinaldi (Ducati) vor Maximilian Scheib und Sandro Cortese (beide KAwasaki). Dazu hinten im Bild Leon Haslam auf der brandneuen Honda CBR-1000RR-R.

Höhen und Tiefen in Aragon

Mit zwei zweiten und einem fünften Platz im Motorland Aragon kam am ersten von zwei Wochenenden das erste Highlight für den leitgeprüften Engländer. Aber natürlich stand er schon längst im Schatten seines Teamkollegen, der mitten im Kampf um den ersten Titel für Ducati seit 2011 mit Weltmeister Carlos Checa war. Dann kam der Sieg von GoEleven Ducati Privatpilot Rinaldi im ersten Rennen des 2. Wochenendes. Obwohl Davies hinter Rea auf Platz 3 landete, war dies eine Art Tiefpunkt, auch weil Redding gestürzt war und sonst wohl diesen Platz erobert hätte. In erster Linie aber vor allem, weil nun ein Privatfahrer auf der Panigale V4R den Engländer geschlagen hatte.

Chaz Davies von uns am 17. März 2019 in BuriRam (Thailand) als Sozius auf einem Roller fotografiert. Im 2. Rennen am Sonntag hatte damals schlicht seine Ducati den Geist aufgegeben.

Die Highlights kamen 2020 zu spät

Mit seinem besten Wochenende in Barcelona der Saison kam auch im zweiten Rennen der lange ersehnte erste Saisonsieg. Doch Redding hatte er damit in zwei Fällen sogar Punkte weggeschnappt, welche dieser im WM-Kampf gut hätte gebrauchen können. Ähnlich im ersten Lauf in Magny-Cours, als er direkt vor seinem Teamkollegen als Dritter die Zielflagge sah. Womöglich hatte dies die spätere Entscheidung der Ducati-Verantwortlichen mit beeinflusst, jedenfalls erhielt Davies am 14. Oktober offiziell mitgeteilt, dass man nach 7 Jahren bei Ducati ab Saisonende auf seine Dienste verzichten würde. Im Berufsleben nennt man dies eine Kündigung und dass er bei GoEleven für 2021 ein Gnadenbrot erhält, rettet immerhin seine weitere Karriere.

Chaz Davies auf Aruba.it Ducati – ein Bild mit ab 2020 historischem Charakter. Der Engländer tritt kommende Saison für GoEleven Ducati an und wird dadurch möglicherweise oft als bester Privatfahrer abschneiden können (© WorldSBK).

Die sinnlosen Sprüche brachten nichts

Oft wurde Davies zitiert, er wolle Ducati technisch vorwärtsbringen und er äußerte sich mitunter dabei auch durchaus kritisch zu seinem Arbeitsgerät. Vor dem Hintergrund, dass seine Kollegen jeweils mit demselben Material sehr erfolgreich waren, wirkte dies vor allem ab 2019 durchaus auch für außenstehende befremdend. Nur Ducati-Mitarbeiter verfügen über die exakten Daten, wo Bautista und Redding besser waren. Sie würden diese aber natürlich nie herausrücken. Ob Michael Ruben Rinaldi ab nächster Saison erfolgreicher sein wird als Chaz, ist eigentlich nebensächlich, weil der Entscheid ist gefallen.

Alvaro Bautista (links im Bild) und Chaz Davies – ein wahrhaft ungleiches Duo in der Saison 2019 mit Aruba.it Ducati. Unsere Aufnahme entstand an der Autogrammstunde im Rahmen Paddock Show, deren Zukunft in der kommenden Saison derzeit noch fraglich ist.

Es geht gar noch sinnloser
Das dümmste was wir zum Thema jedoch mitbekamen, stammte von Igor Schmutzfink (Name von der Redaktion geändert). Es handelt sich dabei um einen Giftzwerg, welcher für Red Bull Media und deren als neutrale Seite getarntes Portal als Schreiberling tätig ist. Dieser Vollpfosten bezeichnete Ducati aufgrund deren Entscheids gegen den Waliser öffentlich als feige. Den Inhalt seiner verbalen Fürze kann man sich dabei definitiv ersparen. Jemanden oder gar ein Team mit einem Adjektiv zu beleidigen, was auf sich selbst zutrifft, das ist definitiv unter aller Sau. Davies können solche Heinis egal sein. Er wird seriös daran arbeiten, stark zurückzukommen. Doch wie erfolgreich er dabei sein wird, steht derzeit noch in den Sternen.

Scott Redding (links) und Chaz Davies in Estoril, nach dem 2. Rennen und somit dem letzten von der Nummer 7 als Werksfahrer für Ducati. Natürlich bekommt er aber starkes Material und Unterstützung vom Werk aus Borgo Panigale bei Bologna (© WorldSBK).

Die WorldSBK Karriere des zweitbesten Fahrers der letzten 6 Jahre

Mit seinen 11 Siegen von 2016 wäre Davies in manch anderem Jahr locker Weltmeister geworden, was auch für das Jahr davor und danach mit weniger ersten Plätzen aber sehr vielen Podiumsplatzierungen gilt. Der Waliser kann immerhin für sich beanspruchen, ab 2015 der zweitbeste Fahrer über alles gesehen gewesen zu sein. Nicht Reas ehemaliger Teamkollege Tom Sykes, sondern Chaz war in der Regel stärkster Herausforderer des sämtliche anderen Piloten überragenden Weltmeisters. Wie wenig dies wert sein kann, erlebte er jedoch im Lauf der Saison 2020, als er darüber orientiert wurde, dass er durch Michael Ruben Rinaldi im Aruba.it Ducati Werksteam abgelöst würde.

Endstand der Fahrer-WM 2020

Die Aussichten des „Neo-Privatfahrers“ Davies für 2021

Manche wünschen sich für Davies, dass er endlich schafft, was er in den letzten 6 Jahren gegen den besten WSBK-Fahrer aller Zeiten verpasst hatte. Doch alleine schon dessen Präsenz und dazu noch die neue Waffe mit der neuen ZX-10RR sprechen eine andere Sprache. Zudem wird HRC Honda auf nächste Saison ihre Hausaufgaben gemacht haben. Weitere Konkurrenz gibt es nebst BMW mit Sykes und van der Mark und dazu natürlich Yamaha genug. So gesehen wäre nur schon eine Sensation, sollte Chaz Davies in der nächsten Saison bester Ducati Pilot werden. Aber kaum jemand schätzt ihn für 2021 als stärker gegenüber Scott Redding ein. Daher stehen die Chancen für den GoEleven Ducati Privatfahrer bezüglich einem ersten WM-Titel sehr schlecht. Trotzdem sind ihm natürlich Siege und Podestplätze zuzutrauen.

Chaz Davies (links im Bild) und daneben zwei seiner langjährigen Kontrahenten mit Jonathan Rea und Tom Sykes im Vordergrund, von uns an der Paddock Show in Imola 2019 fotografiert. Sofern BMW seine Hausaufgaben macht, wird auch Sykes zusammen mit seinem neuen Teamkollegen „Magic Michael“ van der Mark diese Saison zu einer prägenden Figur.

Provisorischer Kalender für 2021

Eigentlich wollte der WSBK-Verantwortliche der Dorna, Gregorio Lavilla mit drei für die Superbike WM neuen Strecken überraschen (mehr über seine Karriere als Fahrer siehe in unserer History). Dessen sehr spät veröffentlichter provisorischer Kalender enthielt jedoch nur eine und zum Leidwesen vieler Deutschen Fans fehlt darin Oschersleben. Genau deshalb barg der Kalender auch so viele Überraschungen, vor allem den indonesischen Ort auf der Insel Lombok und Donington ohne WorldSSP. Während Red Bull Media fälschlicherweise bis kurz vor Veröffentlichung über deren Seite speedweek von einem angeblichen Start in Jerez berichtete, soll dieser Termin nun erst im September stattfinden. Saisonstart im April in Assen tönt jedenfalls gut. Aber viele befürchten, das Event fällt ohne Bewilligung für Zuschauer am Ende flach. Derzeit muss daher noch mit einigen Modifikationen gerechnet werden.

Der Vertrag mit Phillip Island steht noch nicht, genauso wie der Termin dafür, für welchen es fast nur die beiden von uns genannten Daten als vernünftige Möglichkeit gibt. Zumindest gilt dies für den Fall, dass auch wirklich der noch im Bau befindliche Mandalika Circuit bis im Herbst fertiggestellt und homologiert ist. Dazu müssen außerdem die Leute wieder reisen dürfen und es müsste ohne Einreisebeschränkungen gehen, was derzeit aufgrund Corona aber alles andere als sicher ist.