Jonathan Rea verfolgt von Alex Lowes (beide Kawasaki ZX-10RR), über welchem man im Bild noch verschwommen den Parador erkennt, das Wahrzeichen der nahegelegenen Kleinstadt Alcaniz. Trotz Drehzahl-Handicap durch die FIM waren die beiden in Aragonien kaum zu bremsen (© Kawasaki Racing Team).

Der WoldSBK Saisonauftakt von Aragon in Zahlen

Es gibt Aspekte vom ersten Wochenende der Saison, welche man nicht in Zahlen fassen kann. So zum Beispiel das Resultat im zweiten Rennen mit dem Sieg von Scott Redding und Rang 8 für Jonas Folger. Zweifellos für beide ein Lichtblick und ein Stück weit auch eine Erlösung nach zwei weniger positiv verlaufenen Rennen. Damit meinen wir nicht, dass deren gute Resultate einen Makel haben, aber ihr Zustandekommen war in erster Linie auch einem geglückten Vabanquespiel zu verdanken. Der Engländer rettete damit Ducati vor einer veritablen Blamage, weil womöglich ansonsten bei sämtlichen 3 Rennen keine Rote auf dem Podium gestanden wäre. Einige Zahlen sind zumindest eindeutig und lassen keine Interpretationsfragen zu, beispielsweise das Resultat vom 1. Rennen der Saison, nachfolgend gleich von WSBK und WSSP zur besseren Übersicht zusammen aufgeführt.

Beim ersten Rennen beider Klassen waren die Verhältnisse perfekt und es gab keinen Reifenpoker. Die einzige Resultats-Verfälschung entstand in der WorldSSP 600 durch den Sturz der beiden in Führung liegenden Jules Cluzel und Niki Tuuli, der sich und den Franzosen gleichzeitig aus dem Sattel riss. Damit war beim zweiten Rennen im Motorland in Folge Cluzel von einem MV Agusta Fahrer aus dem Rennen gekegelt worden. Die dahinter liegenden Fahrer hätten es teils damit wohl nicht aus eigener Kraft aufs Podium geschafft.
Jonathan Rea (Kawasaki ZX-10RR) knackte die magische Marke von 100 WSBK-Siegen gleich beim ersten Rennen zum Saisonauftakt in Aragon, weniger als 4 Jahre nach seinem 50. Sieg in Magny-Cours 2017 im ersten Lauf. Für die erste Hälfte hatte der seit 2009 als Stammfahrer in der WorldSBK antretende Nord-Ire davor mehr doppelt soviel und damit über 8 Jahre benötigt. Der Grund dafür ist einfach, weil seit seinem Wechsel zu Kawasaki gab es immer nur einen Weltmeister, nämlich den besten Fahrer aller Zeiten (© Kawasaki Racing Team).

Nach der magischen Zahl 100 ging es munter weiter

Wer Johnny Rea nur halbwegs kennt, dem war nach Sieg Nummer 100 klar, dass der beste Rennfahrer aller Zeiten in der Superbike Weltmeisterschaft sich danach nicht zurücklehnen würde. Bei schwierigsten Bedingungen liess er am Sonntagmorgen deshalb auch im Superpole Race früh keinen Zweifel aufkommen, wer das Sprintrennen gewinnen würde. Erneut erwies sich dabei Alex Lowes als zweitbester Mann im Feld und zum zweiten Mal nach dem ersten Lauf am Samstag wurde eine Yamaha auf Platz 3 abgewunken. Am Vortag war es noch Toprak gewesen und bei schwierigen Bedingungen danach mit Garrett Gerloff dessen Markenkollege. Geschlagen dabei zweimal nacheinander die Ducati Asse Redding und Davies. Ersterer setzte am Nachmittag mit einer riskanten Reifenwahl danach alles auf eine Karte und gewann dadurch ungefährdet das letzte Rennen, während der andere schon in Runde 1 im Kiesbett landete. Dies wäre Rea beinahe auch passiert, aber er rettete sich aus beinahe aussichtsloser Situation trotz Sturz von Gerloff neben ihm und wurde danach sogar noch zweiter. Nachfolgend die beiden Rennen in Zahlen.

Das dritte Rennen des Wochenendes brachte die Erlösung für den Vizeweltmeister von 2020 und Redding gewann sein erstes Rennen der Saison. Nachdem er sich am Morgen bei der Reifenwahl noch verspekuliert hatte, ging die Rechnung am Nachmittag perfekt auf. Es war auch die Rettung vor einem kompletten Ducati Desaster mit dem einzigen Podium des Wochenendes auf der Strecke, auf welcher sie als favorisiert galten.
Scott Redding (Aruba.it Ducati) vor Garrett Gerloff (GRT Yamaha) und Alvaro Bautista (HRC Honda) – der Engländer hatte kein leichtes Wochenende, aber trotzdem schaffte er es zum ersten Sieg, nachdem er im ersten Lauf von Toprak und im zweiten Rennen noch von den Fahrern hinter ihm geschlagen wurde.

Die wichtigste aller Zahlen – der Zwischenstand in der Weltmeisterschaft

Während in der WorldSSP mit Niki Tuuli (MV Agusta) einer der Favoriten keinen einzigen Punkt geholt hatte, sieht es in der WSBK vor allem auf den ersten 4 Rängen wie zuvor in etwa erwartet aus. Das Wochenende war für HRC Honda ein Desaster, wie man den Positionen der beiden Fahrer entnehmen kann. Trotzdem sollte man sie für Estoril und den Rest der Saison nicht unterschätzen und im Gegenzug die Leistungen von BMW nicht überschätzen. Auch die Position 8 von Chaz Davies bedeutet überhaupt nicht, dass der Waliser nun chancenlos sein soll. Er war wie die beiden Honda Piloten im Vorjahr in Estoril einer der besten, während Rea und Redding unter ihren Erwartungen geblieben waren. Es ist deshalb am Wochenende in Portugal mit zahlreichen Verschiebungen der Positionen zu rechnen. Nachfolgend der Stand in der Fahrer-Weltmeisterschaft der größten und mittleren Kategorie nach Runde eins.

Blau hinterlegte Zahlen = Regenrennen, es war das erste Mal im Motorland Aragon für die WorldSBK, dass Läufe bei Nässe gestartet wurden.
Den Grund für die fehlenden Punkte von Jules Cluzel im 1. Rennen und Niki Tuuli für das ganze Wochenende sieht man auf diesem Bild. Der Finne als Verursacher der Kollision zwischen den beiden erhielt am Sonntag Startverbot und muss in Portugal aus der Boxengasse ins Rennen starten.

Die Zahl der gestürzten Fahrer am Aragon-Wochenende: 55

Mit nur 9 Stürzen steht die Königsklasse der seriennahen Weltmeisterschaft im Vergleich am besten da. Exakt 20 Crashes verzeichnete die mittlere Klasse und den Löwenanteil die Nachwuchskategorie SSP 300 mit etwas mehr als der Hälfte. Unfit waren am Ende die drei Fahrer Alejandro Carrion (WSSP 300) und dazu für den zweiten Lauf Gradinger und Tuuli. Der Finne hatte den Unfall mit Cluzel mitverschuldet, welcher dabei aber unverletzt blieb. Dafür wurde er mit einem Start aus der Boxengasse für das Rennen in Estoril bestraft. Der Österreicher hingegen ist bereits wieder nach Hause gereist und wird zuerst seine Fußverletzung auskurieren müssen. Weil sein Team beim ersten Test nicht einmal die Yamaha R6 zum Laufen gebracht hatte, war er so gut wie ohne Vorbereitung nach Aragon gefahren. Für einen ehemaligen Podiums-Fahrer ist der Österreicher für diese Saison einer der größten Verlierer, bevor es richtig begonnen hat.

Das erste „No“ bezieht sich auf die Nummer der medizinischen Untersuchungen der Veranstaltung, das zweite auf die Startnummer des Fahrers. Tag 1=Fr / 2=Sa / 3=So, Bei Sess ist die Session gemeint, mit den üblichen Abkürzungen wie FP für freies Training, SPR für Superpole Race etc. Alles mit dem Buchstaben R bei Wetter bedeutet Regen und bei Acc.Stat bedeutet N = Fahrer ok, während MC für Medical Center steht. Mit Assm. ist das Untersuchungsergebnis der Ärzteschaft gemeint, dabei steht F gleichbedeutend für Fahrer ist fit und U für das Gegenteil, während R für eine nochmalige Untersuchung verwendet wird.
Chaz Davies (GoEleven Ducati Racing) bei seinem Crash im letzten Rennen von Aragon in Kurve 8 – der Engländer warf eine gute Ausgangslage für die nächste Runde damit leider im Kiesbett weg, aber für Estoril gehört er als Sieger im 2. Rennen vom Oktober 2020 natürlich trotzdem zu den Mitfavoriten. Zudem ist die Saison noch sehr lang und hat erst gerade begonnen.

Die Aragon Statistik seit 2015 – Johnny Rea der „König von Aragonien“

In Anlehnung eines zu früh erschienenen Artikels der Lokalpresse von Andalusien verwenden wir diesen Titel für den Nord-Iren besonders gerne. Es war 2019, als Alvaro Bautista nach dem ersten Tag in Jerez de la Frontera in einer Zeitung voreilig als „König von Andalusien“ bezeichnet wurde. Am Sonntag gewann er zwar auch das Superpole-Race, stürzte aber dann in der 2. Runde des letzten Rennens. Damit wurde mit „Magic Michael“ van der Mark ein Niederländer der König des äußersten Zipfels der iberischen Halbinsel aus spanischer Sicht. In Aragonien hingegen ist der Fall klar und der amtierende Weltmeister übertrumpfte am letzten Wochenende Chaz Davies mit 7 seinen Siegen um einen Triumph mehr, womit der Nord-Ire Rekordgewinner im Motorland ist. Dazu schraubte er nebenbei seinen Schnitt von davor bereits eindrücklichen 46,7 Punkte pro Wochenende auf neu 48. Gleichzeitig hat er nun auch in den letzten 20 Rennen dort jedes Mal ein Podium eingefahren. Der Mann ist schlicht eine lebende Sensation und dazu noch einer der bescheidensten Piloten im Paddock überhaupt.

Die in Blau hinterlegte Jahreszahl bedeutet hierbei, dass 2 von drei Rennen bei Regen gestartet wurden. Es war das erste Mal überhaupt, seit die WorldSBK ab 2011 in Aragonien zu Gast ist.
Alex Lowes (Kawasaki ZX-10RR) als „best of the rest“ vor Toprak Razgatlioglu (Yamaha YZF R1) – der schnelle Mann aus Lincoln feierte im Motorland sein bisher bestes Wochenende. Ihn hatten davor genauso wie die Yamahas die wenigsten so weit vorne erwartet (© Kawasaki Racing Team).

Der provisorische Kalender der WorldSBK

Aktuell sind vor allem die Rennen von Argentinien und Indonesien sehr fragwürdig, weil die Pandemie trotz allen anderslautenden Behauptungen noch alles andere als vorbei und ausgestanden sein dürfte.

>Estoril Vorschau: siehe separaten Bericht auf dieser Seite.

Wo nicht anders erwähnt gilt bei allen Bildern (© WorldSBK).